Interview
Interview mit Prof. Schmieder: Vorhersagbarkeit der Blutdrucksenkung nach RDN
26. Juni 2025
Die Studie1 von Prof. Roland Schmieder untersucht die Vorhersagbarkeit der Blutdrucksenkung nach einer renalen Denervation. Die Analyse zeigt eine lineare Beziehung zwischen dem Ausgangsblutdruck und der Senkung: Je höher der Ausgangswert, desto stärker die Reduktion. Diese Regel gilt unabhängig von der verwendeten Technologie (Radiofrequenz- oder RDN mit Ultraschall). Als Faustregel kann man sagen: Bei einem Ausgangsblutdruck von 150 mmHg kann man mit einer Senkung um 5 mmHg rechnen, bei 160 mmHg mit 10 mmHg und dann immer 5 mmHg weniger pro 10mmHg höherer Ausgangswert.
Recor: Prof. Schmieder, Sie haben eine Posterpräsentation1 zur Vorhersage der Blutdruckreduktion nach einer renalen Denervation vorgestellt. Können Sie die zentralen Aspekte der Studie erläutern?
Prof. Roland Schmieder: Die Kernfrage der Untersuchung war, wie man die Blutdruckreduktion auf die renale Denervation vorhersagen kann. Wenn man die Fachliteratur betrachtet, zeigt sich durchgängig, dass der Ausgangsblutdruck der stärkste Prädiktor für die Wirkung der Therapie ist. In unserer Analyse wollten wir diesen Einfluss quantifizieren.
Für diese Studie haben wir Daten von über 3.0001 Patienten analysiert und ihren Ausgangsblutdruck mit der Veränderung des Blutdrucks nach der renalen Denervation verglichen. Wenig überraschend zeigte sich eine lineare Beziehung: Je höher der Ausgangswert des Blutdrucks, desto größer die Senkung nach der Behandlung.
Um es anschaulich zu machen: Als Faustregel kann man sagen – bei einem Ausgangsblutdruck von 150 mmHg kann man mit einer Senkung um etwa 5 mmHg rechnen. Liegt er bei 160 mmHg, sind es etwa 10 mmHg, bei 170 mmHg 15 mmHg und bei 180 mmHg rund 20 mmHg.
Recor: Wie verlässlich ist diese Faustregel?
Prof. Roland Schmieder: Das ist eine durchschnittliche Beobachtung, aber natürlich gibt es Konfidenzintervalle, die man in Tabellen nachschauen kann. Aber wenn ein Patient vor Ihnen sitzt, können Sie sagen: „Nun, der Ausgangsblutdruck ist der beste Prädiktor dafür, wie gut Ihre Reaktion ausfallen wird.“ Dieses Prinzip gilt auch für andere Parameter – etwa eine hohe Herzfrequenz, die mit einem herzfrequenzsenkenden Medikament wie Ivabradin behandelt wird, zeigt auch einen ähnlichen Zusammenhang.
Recor: Gibt es dafür eine wissenschaftliche Erklärung?
Prof. Roland Schmieder: Je höher der Ausgangswert, desto größer die Wirkung der Behandlung. Dieses Prinzip wird als Gesetz des Ausgangswertes („law of initial value“) bezeichnet. Es wurde erstmals 1931 von Wilder beschrieben, einem deutschen Wissenschaftler, der es als „Ausgangsgesetz“ formulierte.
Wenn man also ein Programm mit Patienten startet, die bereits einen hohen Blutdruck haben, dann kann man eine größere Senkung erwarten. So kann man Patienten auch auf Basis von Durchschnittswerten eine Vorstellung geben, was sie realistischerweise erwarten können.
Recor: Das bedeutet also, dass Patienten mit sehr hohem Blutdruck sogar besonders stark profitieren können?
Prof. Roland Schmieder: Genau!
Recor: War diese Wirkung ausschließlich auf die Denervation zurückzuführen, oder spielten auch Medikamente eine Rolle?
Prof. Roland Schmieder: Es wurden sowohl Patienten eingeschlossen, die Medikamente einnahmen, als auch solche ohne medikamentöse Therapie. Die Gesetzmäßigkeit gilt unabhängig von der jeweiligen Situation.
Recor: Also funktioniert diese Regel sowohl mit als auch ohne Medikamente?
Prof. Roland Schmieder: Ja, das spielt keine Rolle – sie trifft sowohl auf Patienten mit als auch ohne Begleiterkrankungen zu. Denn es handelt sich um ein biologisches Gesetz. Ich erkläre es meinen Patienten oft so: Basierend auf bisherigen Studien wissen wir, dass bei einem Ausgangswert von 160 mmHg rund drei von vier Patienten eine Blutdrucksenkung von mindestens 10 mmHg erfahren. Das ist eine einfache und praxisnahe Art, es zu erklären.
Referenz:
1 | R. Schmieder et al., “Higher Baseline Systolic Blood Pressure is associated with greater Blood Pressure reductions following radio frequency in an pooled cohort in over 3.000 patients from the Symplicity clinical program”, Poster Session: “Evolving strategies for renal interventions” , EuroPCR 2024, May 16th |
Anmerkung Prof. Roland Schmieder: „Es macht keinen Unterschied, welche Art der RDN Technologie verwendet wird. Denn auch in Studien zur renalen Denervierung mit Ultraschall-RDN war der systolische Blutdruck der stärkste Prädiktor, wie wir im RADIANCE-Programm gesehen haben. Das RADIANCE-Programm umfasst RADIANCE HTN, RADIANCE II und TRIO – insgesamt über 500 Patienten.“
Recor Medical über uRDN: Die Ergebnisse können variieren.
Das Interview enthält die medizinische Fachmeinung von Prof. Schmieder zur renalen Denervation. Die geäußerten Ansichten und Meinungen stammen vom Arzt selbst und spiegeln nicht notwendigerweise die Positionen von Recor Medical oder anderen Fachleuten wider.
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